Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeit

Science Communication

Die Interaktion zwischen der Wissenschaft und der ‚Außenwelt‘ ist unvermeidbar, denn die Wissenschaft wird schließlich nicht als Selbstzweck betrieben. Im Gegenteil: Durch die Gewinnung neuer Erkenntnisse soll die Wissenschaft zur Weiterentwicklung des gemeinschaftlichen Wissens beitragen und somit dem Fortschritt der Gesellschaft dienen.

Auf manchen Wissenschaftsgebieten findet sogar eine direkte Kommunikation zwischen Fachexperten und Nicht-Fachleuten statt, so wie es zum Beispiel im „medizinischen oder juristischen Bereich“ der Fall ist (Kretzenbacher 1992, S. 4). Hier erhält die Verständlichkeit eine noch bedeutendere Rolle. Denn in Abhängigkeit davon, ob die Verständlichkeit gewährleistet wurde oder nicht, kann die jeweilige Kommunikationssituation entsprechend gravierende Konsequenzen haben. Diese Folgen können sogar lebenswichtig sein, wenn es um Kommunikationssituationen geht, die die Gesundheit oder die Rechte des Einzelnen betreffen.

Verständnisschwierigkeiten können bei der Kommunikation mit den Nicht-Wissenschaftlern oder auch mit den Wissenschaftlern aus anderen Disziplinen oder Teildisziplinen auftreten.

Solche Verstehensprobleme manifestieren sich am akutesten in der externen Wissenschaftskommunikation, d. h. zwischen der Wissenschaft und den anderen Gesellschaftssphären (Bungarten 1981a, S. 20).

In der Wissenschaftskommunikation und insbesondere bei der Kommunikation der Wissenschaft ‚nach außen‘, d. h. mit der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit, ist eine maximale Verständlichkeit anzustreben.

Eine gänzliche Beseitigung der Kommunikationsbarrieren und -schwierigkeiten ist wohl kaum möglich. Aber es soll zumindest versucht werden, diese Hindernisse auf ein Minimum zu senken. Denn wenn das Verstehen von Wissenschaftssprachen nicht gewährleistet wird, dann kann sogar die Frage gestellt werden, ob die heutigen Wissenschaftssprachen für die Laien nicht erneut so schwer zu verstehen sind wie früher das „wissenschaftliche Latein“ war (Bungarten 1981b, S. 9).

Die kritische Betrachtung richtet sich dabei gegen eine absichtliche Distanzierung der Wissenschaft von der Öffentlichkeit. Ehlich (1993, S. 23) spricht in diesem Zusammenhang über das sogenannte „Soziologenchinesisch“, den „Jargon“ und das „Kauderwelsch“ der Wissenschaft im Allgemeinen und einiger Wissenschaftler im Einzelnen. Dabei wird häufig die – zum Teil auch übertriebene und absichtlich eingesetzte – Terminologisierung als besonders beeinträchtigend für die Verständlichkeit der Wissenschaft empfunden.

Die laienhafte Öffentlichkeit sieht die Wissenschaftssprache häufig als eine Art „Mitgliedschaftsausweis einer kleinen innergesellschaftlichen Gruppe, die meist zudem als privilegiert gilt“ (Ehlich 1998, S. 860). Bei den Laien kann dabei ein Gefühl von Ausgeschlossenheit aus dieser Gruppe und aus der Wissenschaftswelt im Allgemeinen entstehen. Das kann wiederum zu einem Widerstandsgefühl führen.

Diese Auseinandersetzung wird besonders in geisteswissenschaftlichen Disziplinen deutlich, da „deren Texte und Diskurse der Forderung nach allgemeiner Verständlichkeit offensichtlich eher unterliegen als jene der Naturwissenschaften“ (Ehlich 1998, S. 860).

Auf den ersten Blick kann der Eindruck entstehen, dass bei den Geisteswissenschaften die Annäherung zu der allgemeinen Sprache und somit die Gewährleistung der Verständlichkeit besonders leicht realisierbar sein sollte.

Jedoch weisen Wissenschaftssprachen in den Geisteswissenschaften einen ebenso hohen Grad an Komplexität wie in den Naturwissenschaften auf, wobei die naturwissenschaftlichen Wissenschaftssprachen zusätzlich von einer ausgeprägten Abstraktheit gekennzeichnet sind, wie etwa bei der Verwendung von Symbolen, Formeln etc.


Buch GraphikQuellen:

Bungarten, Theo ( 1981a): Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft. Wissenschaftssprache. Beiträge zur Methodologie, theoretischen Fundierung und Deskription. München: Wilhelm Fink Verl., S. 14-53.

Bungarten, Theo (1981b): Zur Einleitung. Wissenschaftssprache. Beiträge zur Methodologie, theoretischen Fundierung und Deskription. München: Wilhelm Fink Verl., S. 9-13.

Ehlich, Konrad (1993): Deutsch als fremde Wissenschaftssprache. In: Wierlacher, Alois et al. (Hrsg.) (1993): Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 19. München: iudicium, S. 13-42.

Ehlich, Konrad (1998): Kritik der Wissenschaftssprachen. In: Hoffmann, Lothar; Kalverkämper, Hartwig; Wiegand, Herbert Ernst (Hrsg.) (1998): Fachsprachen – Languages for Special Purposes. Ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft. Halbbd. 1. (HSK 14.1). Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1998, S. 856-866.

Kretzenbacher, Heinz Leonhard (1992): Wissenschaftssprache. Heidelberg: Groos, Bde. Studienbibliographien Sprachwissenschaft, Bd. 5.


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