Der wissenschaftliche Stil

Das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit impliziert die Verwendung eines bestimmten Stils, d. h. einer besonderen Art und Weise, sich auszudrücken.

Dabei wird dieser Stil von kennzeichnenden Merkmalen geprägt, die ihn von anderen Verwendungskontexten unterscheiden, wie etwa von dem alltags- oder umgangssprachlichen Stil.

Der Stil der wissenschaftlichen Arbeiten kann als ‚wissenschaftlicher Stil‘ oder als ‚Stil der Wissenschaft‘ bezeichnet werden.

In diesem Zusammenhang kann die Frage entstehen, ob ein gesonderter Stil der Wissenschaft tatsächlich existiert oder ob es sich vielleicht nur um eine Variation des Alltagsstils handelt. Beneš (1981, S. 187) bekräftigt die Existenz eines „wissenschaftlichen Stil[s]“ durch das Argument, dass Wissenschaftstexte ungeachtet ihrer Unterschiedlichkeit gewisse gemeinsame Strukturen aufweisen.

Bei wissenschaftlichen Texten können von Fach zu Fach erhebliche strukturelle und stilistische Differenzen bestehen. Auch die Häufigkeit einzelner Textsorten kann von Fach zu Fach variieren. Dennoch können Merkmale nachgewiesen werden, die für alle Wissenschaftstexte charakteristisch sind.

Diese kennzeichnenden Merkmale können in verschiedenen Texten verschiedener Disziplinen zwar unterschiedlich stark ausgeprägt sein, aber sie bilden dennoch eine Grundlage für das Verfassen wissenschaftlicher Texte. Zu diesen Merkmalen zählen laut Weinrich (1985, S. 51) „Klarheit, Widerspruchsfreiheit und Folgerichtigkeit“, die nicht nur als Grundanforderungen an die Wissenschaft, sondern auch als „ästhetische Werte“ des Wissenschaftsstils betrachtet werden können.

Das Streben nach Genauigkeit und Eindeutigkeit zählt zu den zentralen Anforderungen, die an die Wissenschaft, die Forschung sowie an die Wissenschaft und Forschung treibenden Personen gestellt werden. Diese Anforderungen können auch für wissenschaftliche Texte geltend gemacht werden, indem diese in einem klaren, schlüssigen und logisch konsequenten Stil zu verfassen sind.

Der Wissenschaftsstil orientiert sich außerdem, Beneš (1981, S. 187) zufolge, an dem zentralen Bestreben der Wissenschaftskommunikation, nämlich „Vollständigkeit und Präzision der Aussage“, „das Streben nach Knappheit (Informationsökonomie)“ sowie „der Hang zur Standardisierung (Schablonisierung)“.

Um eine optimale, effiziente und möglichst reibungslose Wissenschaftskommunikation zu ermöglichen, soll die Darstellung der wissenschaftlichen Ergebnisse und Erkenntnisse lückenlos und genau erfolgen. Gleichzeitig wird eine ökonomische Darstellung des Wissens angestrebt.

Das bedeutet einen reflektierten, angemessenen und sparsamen Einsatz von sprachlichen Mitteln beim Verfassen von wissenschaftlichen Texten.

Des Weiteren orientieren sich die wissenschaftlichen Texte an bestimmten, bereits vorhandenen Maßstäben, wie etwa an Textsortenmustern und deren strukturellem und inhaltlichem Aufbau.

Eine weitere Eigenschaft des wissenschaftlichen Stils ist seine Objektivität und Emotionslosigkeit.

So schreibt Beneš (1981, S. 187), dass der Wissenschaftsstil „sachlich-objektiv und intellektualisiert“ ist. Mit der Bezeichnung ‚intellektualisiert‘ ist dabei Vorsicht geboten, denn sie kann in unterschiedlicher Art und Weise interpretiert werden.

‚Intellektuell‘ ist in diesem Kontext nicht als sozial oder kognitiv abgrenzend zu verstehen. Vielmehr geht es dabei um die Hervorhebung des Verstands und des logischen Denkens gegenüber gefühlsgeprägten Auffassungen.


Buch Graphik Quellen:

Beneš, Eduard (1981): Die formale Struktur der wissenschaftlichen Fachsprachen in syntaktischer Hinsicht. In: Bungarten, Theo (1981) (Hrsg.): Wissenschaftssprache. Beiträge zur Methodologie, theoretischen Fundierung und Deskription. München: Wilhelm Fink Verl., S. 185-212.

Weinrich, Harald (1985): Wege der Sprachkultur. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.


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